Ist Agilität am Ende doch nicht die Lösung aller Probleme?

Der Begriff Agilität ist heute in aller Munde. Fast jedes Unternehmen hat mittlerweile einen Agilitätsbeauftragten, beschäftigt sich mit Design Thinking und Scrum oder ist zumindest auf der Suche nach einem Agile Coach. Alle und alles muss agil werden. Und das möglichst schnell.
von Hjalmar Hagen

Der Begriff Agilität ist heute in aller Munde. Fast jedes Unternehmen hat mittlerweile einen Agilitätsbeauftragten, beschäftigt sich mit Design Thinking und Scrum oder ist zumindest auf der Suche nach einem Agile Coach. Alle und alles muss agil werden. Und das möglichst schnell.

Das ganze Thema hat in der Unternehmenswelt mittlerweile solche Dimensionen angenommen, dass man manchmal den Eindruck bekommt, Agilität sei die Lösung aller aktuellen und zukünftigen Probleme. Wer noch nicht auf den Zug aufgesprungen ist, versucht eiligst, den Anschluss nicht zu verpassen, während sich auf der anderen Seite erste Erkenntnisse mehren, dass es mehr braucht als den Versuch, ein paar agile Methoden in die bestehenden Unternehmensstrukturen zu zwingen.

Was ist also dran an der Wunderwaffe Agilität?

In einer zunehmend komplexeren (Arbeits-)Welt, in der es gilt, schnell und kreativ auf wechselnde Bedürfnisse von Kunden und Märkten zu reagieren, braucht es die Fähigkeit, Dynamik und Stabilität so in Balance zu halten, dass der unternehmerische Auftrag langfristig erfüllt werden kann. Dass der Bedarf dabei vom Kunden aus gedacht wird, macht auf jeden Fall Sinn, ist aber nicht neu. In vielen Unternehmen ist dieser Gedanke im Laufe der Zeit nur immer weiter nach hinten gerückt, weil wachsende Strukturen und der Versuch, bewährte Vorgehensweisen auf neue Herausforderungen anzuwenden, den Fokus verrückt haben.

Nun also der Versuch, durch die Nutzung agiler Methoden den Fokus wieder mehr in Richtung Kunden und Märkte zu verschieben. Das Agilität allerdings mehr braucht, als die Anwendung von ein paar Techniken, wird dabei geflissentlich übersehen. Agilität ist zu aller erst ein Mindset, dessen Umsetzung tiefgreifende Eingriffe in die bestehende Unternehmens-DNA bedeutet.

Gänzlich schleierhaft bleibt zudem, wie die Festlegung auf eine Handvoll agiler Methoden (wie Design Thinking, Scrum, Kanban, …) als DIE zukünftige Arbeitsweise dem agilen Grundgedanken entspricht, flexibel und kreativ auf unterschiedliche Herausforderungen zu reagieren. Wer meint, Agilität zu leben, indem lediglich versucht wird, unterschiedliche Probleme mit den immer gleichen fünf Methoden zu bewältigen, der führt die agile Idee geradezu ad absurdum.

Google – ein Unternehmen, welches wohl von vielen als Musterbeispiel agilen Arbeitens angesehen wird – hat sich in dem internen Projekt Aristoteles seit 2012 sehr intensiv mit der Frage beschäftigt, welche Faktoren die effektive Zusammenarbeit innerhalb der eigenen Teams maßgeblich beeinflussen.[1] Die Ergebnisse hat Google in der folgenden Grafik zusammengefasst.

Agilität

Erfolgsfaktor Nummer eins ist demnach eine sichere Umgebung, die es jedem einzelnen Teammitglied erlaubt, Risiken einzugehen und Schwächen zu zeigen. Darüber hinaus spielen Verlässlichkeit, Struktur und Klarheit sowie Sinn und Einfluss eine wesentliche Rolle für die Wirksamkeit und den Erfolg eines Teams. Agilität als solches spielt – wie zahlreiche andere Faktoren auch – keine Rolle.

In unseren herkömmlichen Organisationsstrukturen und Arbeitsweisen haben wir gelernt, geflissentlich über diese Faktoren hinwegzusehen und trotzdem über lange Zeit erfolgreich zu sein. Viele Organisationen spüren allerdings gerade, dass ein „weiter so“ nicht funktioniert und springen dankbar auf den Zug der Agilität auf.

Sicherlich können die oben genannten Faktoren in einer agilen Umgebung gelebt werden. Echtes agiles Mindset kann diese sogar durchaus unterstützen.

Wenn agile Methoden jedoch in den bestehenden Arbeitsalltag integriert werden, ohne gleichzeitig an dem entsprechenden Mindset und den zwischenmenschlichen Beziehungen innerhalb der Teams bzw. der Organisation zu arbeiten, dann besteht die Gefahr, dass das Entstehen und Wachsen von Vertrauen durch den reinen Fokus auf die Methodenebene im Keim erstickt bzw. zugedeckt wird.

Ähnliches geschieht in herkömmlichen Organisationstrukturen schon heute tausendfach in der Art, dass Probleme auf der Beziehungsebene durch „versachlichte“ Diskussionen und Argumentationsschlachten auf der inhaltlichen Ebene zu lösen versucht werden.

Für wirksame Zusammenarbeit braucht es Vertrauen. Damit dieses entstehen kann, braucht es wiederum Kontakt und Reibung zwischen den Beteiligten. Wir bei Breuel & Partner freuen uns, Sie auf diesem Weg in eine agile Arbeitswelt mit unserer Arbeit zu unterstützen.

Und falls Sie noch nicht von Agilität als Wunderwaffe für Ihre zukünftigen Herausforderungen überzeugt sind, dann helfen wir Ihnen gerne auch in den bestehenden Strukturen, die Wirksamkeit der Zusammenarbeit in Ihren Teams und im Unternehmen nachhaltig zu steigern.



[1] Ausführliche Informationen zu dem Projekt und den Ergebnissen hat Google auf der Plattform re:Work zur Verfügung gestellt.